Entkopplung vom Aktienmarkt macht Bitcoin zum „Safe Haven“
Der Statistiker Willy Woo will nun erste Belege für die oftmals geäußerte Vermutung, dass sich Bitcoin immer mehr von Aktienmärkten abkoppelt, gefunden haben.
First signs of de-coupling behaviour spotted between BTC and stocks.
Buying from an influx of new users provides price support preventing speculators from trading the correlation downwards.
NVTP approximates a valuation for BTC with organic investor velocity on the blockchain. pic.twitter.com/AvilB9cfdD
— Willy Woo (@woonomic) October 29, 2020
Schon Ende September hatte Woo prognostiziert, dass Bitcoin eine entsprechende Abkopplung vollziehen wird:
„Bitcoin wird sich schon bald von den traditionellen Finanzprodukten abkoppeln, wobei sie in erster Linie durch die Adoption in Form einer S-Kurve (ähnlich wie bei einem Startup) vorangetrieben wird und nicht durch ihre Funktion als Absicherungsmittel für Anleger“
In seinem oben genannten Tweet verweist Woo auf die Network Value to Transaction Ratio (NVT), eine Kennzahl, die er 2017 selbst entworfen hat. Aus dem Vergleich zwischen der NVT von Bitcoin und der aktuellen Kursentwicklung des wichtigen Aktienindex S&P 500 leitet Woo ab, dass die Kryptowährung einen festen Support gefunden hat und nach oben klettert, während der Aktienmarkt nach unten abrutscht. Für ihn ein klares Zeichen der „Entkopplung“.
Die NVT ist so etwas wie das Kurs-Gewinn-Verhältnis von Bitcoin, nur dass die Kryptowährung keinen Gewinn erzielt im Sinne eines Unternehmens. Woo ersetzt diese Variable deshalb mit dem „Network Value“, also der Marktkapitalisierung von Bitcoin, und dem Tagesvolumen der getätigten Transaktionen in US-Dollar.
Vor zwei Tagen konnte der NVT von Bitcoin einen neuen Rekordwert erzielen, der oberhalb der alten Marke von 11.000 US-Dollar liegt, was die momentane Stärke der Kryptowährung unterstreicht.
Woo interpretiert dies so, dass Bitcoin schon bald wieder einen Status als „Safe-Haven-Asset“, also als Absicherungsmittel gegen die Unsicherheit auf den Finanzmärkten, einnehmen könnte, falls der Aktienmarkt weiter verliert:
„Das zeigt uns, dass wenn der Aktienmarkt crasht, Bitcoin in bester Position ist, um noch mehr Kapital aufzunehmen, denn durch die S-Kurve der Adoption bietet sie die perfekten Eigenschaften eines Safe-Haven-Assets.“
Morgan Creek Digital Mitgründer Anthony Pompliano hatte dieser These am 26. Oktober neue Nahrung gegeben, als er meinte, dass Bitcoin gar der „ultimative Safe-Haven“ sei, da die Kryptowährung die schwächste mögliche Korrelation mit dem Aktienmarkt habe.
Allerdings sind sich die Krypto-Experten nicht darüber einig, ob eine solche Entkopplung aktuell stattfindet, denn wie Analyst Scott Melker bereits im Mai geschrieben hatte, bestand noch nie eine Korrelation zwischen Aktienmarkt und Bitcoin.
Krypto-Trader Chris Dunn meint derweil, dass es sehr wohl eine Zusammenwirkung gibt, die inzwischen jedoch die Form einer negativen Korrelation annehmen würde. Woo entgegnete daraufhin jedoch, dass er BTC weiterhin als klares Absicherungsmittel zu den traditionellen Finanzmärkten sieht, das unabhängig von diesen ist:
„Es macht Sinn, dass BTC auf kurze Sicht weiterhin korreliert ist, aber nicht auf lange Sicht. BTC ist ein Absicherungsmittel, die Nutzbarkeit als Spekulationsmittel verzerrt das allerdings etwas.“
Einige Analysten warnen wiederum vor einer Überinterpretation der Korrelation zwischen Bitcoin und dem Aktienmarkt. So meint Cointelegraph Experte Michaël van de Poppe, dass in Krisenzeiten „alle Korrelationen auf 1 gehen“. Dahingehend ergänzt er:
„Gold, Silber und Bitcoin haben seither all zu große Verluste vermieden und zeigen im Gegensatz zum Aktienmarkt Stärke. Hängt euch nicht zu sehr an diesen Korrelationen auf.“